Neue Währungen sind nichts Neues, jedenfalls nicht langfristig. Bezahlsysteme sind beinahe so alt wie die Menschheit. Trotz des Zusammenschlusses von Währungen in der Eurozone, gibt es aktuell über 160 Währungen. Die Rede ist hierbei von Währungen, die man in den Händen halten kann und die meist in Form von Münzen und Scheinen benutzt werden.
Doch laut des Historikers Niall Ferguson gab es keinen triftigen Grund dafür, dieses mittels eines Trägers aus Metall auszutauschen. In Ferguson's „Der Aufstieg des Geldes“ heisst es, dass es in der Geschichte der Welt keine Rolle gespielt habe, ob Silber, Ton, Kaurimuscheln, Steinplatten oder eben Flüssigkristalle eines Monitors dazu gedient habe, dass Geldwerte den Besitzer wechseln. Geld sei also schon immer in vielerlei Aggregatszuständen als Wertspeichers in der Welt beliebt gewesen. Was sich aber nie geändert hat, sei das Vertrauen in die transportable Macht des Geldes als einzige Quelle der Werthaltigkeit. In unseren heutigen digitalen Zeiten schwirrt diese Macht nun immer schneller um den Globus.
Unsere Welt funktioniert zunehmend digitaler. Musik, Filme, Bücher, fast alle ihre Kulturgüter haben die Menschen digitalisiert, sprich modernisiert. Doch der Umgang mit Kapital wird nach wie vor in vergleichsweise konservativer Art und Weise lieber in Form von Münzen aus Kupfer und Messing ausgeübt.
Ende der Neunziger gab es bereits das sogenannte eCash, eine Erfindung des niederländischen Startups Digicash in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank und weiteren Banken. Testkunden konnten Geld über eine Software austauschen. Über den Testbetrieb ging das Projekt mangels Nachfrage aber nicht hinaus. Die Zeit schien damals noch nicht reif gewesen zu sein. Zu neu und zu anders waren wohl die Veränderungen, die die neue Technologie mit sich brachte. Im Jahr 2013 akzeptieren Händler das virtuelle Geld immer öfter auch beim Verkauf realer Güter. Nicht nur Dinge, die im direkten Zusammenhang mit der digitalen Welt stehen, wie z.B. digitale Musik oder Webdesign, werden auf diese Weise bezahlt, sondern mittlerweile auch Dinge wie Lebensmittel, Kleidung oder Autos.
Wird also auch bald der Währungsaustausch nur noch virtuell stattfinden?
Verschiedene Initiativen arbeiten momentan an Portalen für elektronisches Geld, wie z.B Flowplace, OpenCoin und Open-UDC. In der Regel funktionieren sie über eine Kontoadresse und eine Software als digitale Brieftasche, die den kryptografischen Schlüssel generiert, mit dem sich der Nutzer ausweist.
Das größte soziale Netzwerk Facebook hat 2012 still und heimlich eine eigene virtuelle Währung, sogenannte Credits, eingeführt, die sich nach und nach durchsetzen soll. Bestimmte Spiele, Programme, Filme und andere virtuelle Güter können nur mit Credits bezahlt werden. 50 Münzen kosten 3,45 Euro, die per Paypal, Kreditkarte oder mittels eines Gutscheins aus dem Supermarkt erworben werden können. Facebook kassiert bei jedem Einkauf 30% Gebühr Gebühr. Nutzer können beispielsweise Traktoren für digitale Bauernhöfe oder kleine Arbeitsdienste bezahlen. Inspiriert ist dieses Modell sicherlich auch an Online-Rollenspielen wie World of Warcraft oder Lord of the Rings, in denen diese Bezahlungsweise nicht nur für den Kauf magischer Schwerter oder Zaubertränke genutzt wird, sondern mittlerweile auch in eigenen Tauschbörsen als Zahlungsmittel genutzt wird.
Die prominenteste Cyper Währung des momentan der sogenannte Bitcoin. Jeden Tage wechseln digitale Bitcoin-Münzen im Wert von mehr als einer Million Euro den Besitzer. Bitcoin ist nicht nur digitales Geld, eine Währung aus Bits und Bytes, sondern für manche Experten sogar schon die wichtigste Innovation seit der Erfindung des Internets. Die Bitcoins werden online verschickt und hinterlassen dabei kaum Spuren im Netz. Für eine Überweisung ist die Angabe des Geldbetrags und die Bitcoin-Adresse des Empfängers nötig. Einige Nutzer kritisieren bis dato das Design und die Benutzerfreundlichkeit. Bitcoin-Optimisten hingegen prognostizieren, dass der Bitcoin sich zur Weltwährung aufschwingen wird.
Das Handelsvolumen virtueller Währungen erreicht aktuell bereits einige Milliarden Euro und ist damit schon mit Volkswirtschaften kleiner Staaten vergleichbar.
Wird sich Cyber-Cash durchsetzen?
Verfechter der digitalen Geldrevolution loben zum Einen die Schnelligkeit, Unkompliziertheit und Unabhängigkeit der virtuellen Währung – vergleichbar mit dem Versand einer Email. Geld ist binnen Sekunden mittels eines Clicks von A nach B transferiert, ohne eine Bank, die Gebühren dafür verlangt. Keine Zentralbank und kein Staat, der überwacht und eingreift. Keine Kreditkartenfirmen oder Zahlungsdienste à la Paypal, die bisher den virtuellen Geldverkehr beherrschen und daran verdienen. Kreditkartenanbieter geraten zudem von Zeit zu Zeit in die Kritik, da sie mit Sicherheits- und Datenschutzproblemen zu kämpfen haben. Gerade das Thema Datenschutz ist in Zusammenhang mit virtuellen Geldverkehr ein äussert sensibles Thema. Firmen wie Facebook verdienen schliesslich mit den Daten ihrer Nutzer das meiste Geld. Eine unabhängige, dezentral von Nutzer zu Nutzer gesteuerte virtuelle Währung ist also sehr reizvoll. Hinzu kommt, dass das Vertrauen in die Banken und in den Staat hinsichtlich der Finanz- und der Eurokrise in den letzten Jahren nicht gerade gestiegen ist. Experten kalkulieren einen Gewinn von zehn Milliarden Euro für die deutsche Volkswirtschaft, vor allem dadurch, dass der Gewinn für Zwischenhändler wie Google, Facebook oder Apple, die einen Drittel des Preises als Provision einbehalten, wegfiele.
Einiges spräche also dafür, da sich der eine oder andere Vorteil durch Cyber-Cash ergeben würde, vor allem im Bezug zum Fairtrade-Gedanken bei dem Margen von Zwischenhändlern minimiert werden oder sogar wegfallen würden. Die Tatsache, dass eine Onlinewährung, wie z.B. der Bitcoin, sich als weltweit dominantes Zahlungsmittel durchsetzt hat jedoch auch so einige Gegner.
Politiker, Finanzwissenschaftler und Verbände fürchten eine unkontrollierbare Währung von nie da gewesener Stärke, die imstande ist, nationale Geldmärkte zu destabilisieren und das Monopol staatlicher Zentralbanken ins Wanken zu bringen. In China beispielsweise hat sich die virtuelle Währung des Internet-Portals Tencent so außer Kontrolle geraten, dass die chinesische Regierung schliesslich ein Verbot für den Gebrauch außerhalb des Online-Dienstes aussprach. Als Kapitalanlage funktioniert der z.B. der Bitcoin in keinem Fall, weil es keine Konten gibt, die Zinserträge generieren können. Als Spekulationsobjekt hingegen funktioniert es insofern, dass wie bei jeder anderen Währung auf Kursanstieg und -verfall gesetzt werden kann.
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