Gestern Abend startete die heiß erwartete Serie “Fringe” von J.J. Abrams auf ProSieben zur Primetime. Selbst ich konnte nicht widerstehen, diesem Mystery-Highlight aus dem Weg zu gehen. Ich genoss es förmlich, die Neuauflage eines “X-Files Reloaded” mit Verschwörungstheorien und paranomalen Ereignissen zu schauen. Mein persönliches Fazit ist: Abgefahren und ganz nett, nach dem Pilot muss sich zeigen, ob für mich ein Dauerbrenner daraus wird. Ein Bekannter teilte mir aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen als “Programmscout” mit, dass “Fringe” in den USA nur eine kleine Fangruppe hätte. Die Story sei zu schwierig für das Massenpublikum, ein Erfolgshit wie “LOST” hätte sich aus “Fringe” nicht entwickelt. Nun gut, nicht jeder Zuschauer steht auf Verschwörungstheoretiker mit paranormalem Wissenschaftsgewussel.
Was ich als tendenzieller “Nichtgucker” aber an den Tagen davor verpasst hatte, erschloss sich mir erst durch die aufmerksamen Äuglein der DWDL-Redaktion. Im Vorfeld zum Serienstart von “Fringe” schaltete ProSieben entsprechende Werbespots, die wie ihre hauseigene “Newstime”-Nachrichten aufgemacht waren. Der Anchorman des Senders, Michael Marx, berichtete in Form einer Breaking-News-Ausgabe über mysteriöse Ereignissen in den USA mit Szenenbildern der neuen Serie. Werbung beeinflusst die Menschen zielgerichtet zwecks kommerziellen Handlungen. Werbung spricht emotionale und informierende Botschaften aus. Werbung animiert als absatzfördernde Kommunikation zum Konsum. Doch eines ist Werbung nicht: am Rande des guten Geschmacks.
Diese Marketing-Aktion hat jetzt sehr viel Aufmerksamkeit intensiv erregt, die Öffentlichkeit erfolgreich vereinnahmt und die Jugendschützer auf den Plan gerufen. Solche Werbeverwirrungen sollten meiner persönlichen Meinung nach in keiner Weise im vorabendlichen Programm ausgestrahlt werden. Laut DWDL wird die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) ein Prüfverfahren gegen den Sender einleiten. Immerhin scheinen sich diese Werbemaßnahmen für den Sender ausgezahlt zu haben. Die Einschaltquoten sprachen wiederum für sich. Doch ob dies an der Serie oder an den Werbespots lag, entscheiden die Zuschauer in den kommenden Wochen.
Jeden Morgen konsumiere ich mindestens 30 Minuten das aktuelle Radioprogramm. Natürlich im Auto auf dem Weg zur Arbeit und am Abend auf dem Heimweg. Warum raunen manche Wissenschaftler und Zukunftsforscher immer wieder vom Rückgang der Hörerzahlen? Am Programm der Sender kann es nicht liegen. Aber ich wage eine wilde Behauptung in den Raum zu stellen: Die Radiowerbung ist absolut scheiße. Noch schlimmer als im Fernsehen wird natürlich auf das rezipientische Ohr gesetzt. Was der Mensch hört, verinnerlicht er. Das visuelle Erlebnis dazu muss in seinem Kopf stattfinden.
Ein wahrer Zukunftsmarkt der Werbebranche ist definitiv der Radiomarkt. Macht doch bitte intelligente Radiospots. Lasst es euch nicht zu Kopf steigen, dass Angebote aus dem Lebensmitteleinzelhandel mit gesanglichen Stimmungslagen kombiniert werden. Ich trällere auch nicht vom Band, dass die Wurst für 1,99 Euro für 200 Gramm im Angebot ist. Spielt ein wenig mehr, seid kreativ, seid doch bitte besser als der Durchschnitt. Da kann ich den offenen Brief von Martin Oetting indirekt nur unterstützen. Relativieren wir es auf die Werbebranche im Radiosegment, kann man es nicht besser ausdrücken. :)
Also liebe Werbetreibenden, liebe Unternehmen - lasst euch nicht den Bären aufschwatzen, dass man im Radio für seine Hörer einen singenden Spot produzieren muss. Das ist entweder altbacken oder führt zu unfreiwilliger Komik. Ich amüsiere mich jedenfalls prächtig, sobald die Werbeslogans und Jingles im Radio ertönen. Ist Radiowerbung also wirklich schlecht, oder muss man einfach einen anderen Hebel im kommunikativen Marketing ansetzen?
Dumpfe Klänge schallen durch das Wohnzimmer, wenn man den Bass so laut aufdreht, damit man die schlechte Programmqualität einiger TV-Sendungen überhören kann. Erst vergangene Woche bewies Marcel Reich-Ranicki seine Courage und lehnte die Ehrenauszeichnung des Deutschen Fernsehpreises ab. Fulminant wurde eine spontan anberaumte Sondersitzung im TV ausgestrahlt, um der Debatte um Qualität ein wenig die Sporen zu geben. Doch jetzt schlägt’s 13!
Laut Berichten des Kölner Express und Berliner Zeitung wirbt niemand geringeres als Literatur- und Fernsehkritiker Marcel Reich-Ranicki für die Telekom-Tochter T-Home mit dem Slogan “Bei uns findet jeder ein Fernsehprogramm, das ihm gefällt”. So ist das also, wenn man erst auf die öffentlich-rechtlichen Sender und das Privatfernsehen vehement eindrescht, kurz darauf aber mit einer Werbeanzeige für einen Pay-TV-Sender öffentlich auftritt. Zwar wird dementiert, dass mehr dahinter stecke als der Einsatz purer Spontanität, aber möge sich jeder sein eigenes Bild über diesen “Zufall” machen…
Damals in der grauen Vorzeit der Werbeindustrie, so in den 80ern oder 90ern, vertraute Aral auf den Klassiker “I’m Walking”. Ein etwas durchlockter Typ blieb auf Wald und Flur mit seiner Karre liegen, schnappte sich den Benzinkanister und latschte brav zur nächsten Aral-Tankstelle.
Jetzt setzt Fiat auf laufenden Leutchen, die auf einer Autobahn sich einen Marsch zur nächsten Tankstelle antun. Sorry liebe Fiat-Marketingmenschen, aber das ist ein altes Plagiat. Welch amüsante Ideenlosigkeit der Werber hier wieder mal zum Vorschein kommt. Lieber gut geklaut als schlecht selbstinszeniert. Im Zeitalter der Öl-Armut und technologischen Überforderung der Automobilbranche ist es kein Wunder, dass dort nichts besseres als ein Recycling-Spot entwickelt wird. Ob das nicht ein Fall für Spießer Alfons ist? I’m not walking with Fiat - so isses und so bleibt es.
Vor Wochen hatte ich mich darüber amüsiert, dass Obi diese nervige Gesangswerbung macht. Ich möchte dem Obi-Verkäufer begegnen, der spontan im Baumarkt eine gesangliche Performance mit rappigen Versmaßkonstruktionen als Verkaufsgespräch führt.
Jetzt kommt es noch dicker. Der Baumarkt wirbt mit einer drallen Blondine in einem engen Jeanskostüm, die sich reibungslos über die Brüste fährt, den Obi-Mitarbeiter im TV-Spot auf ihre kurvenreiche Silhouette hinweist und in platter Art den Mitarbeiter ins Gespräch verwickelt - Frau Krause liefert ja brav nach Hause, während der Verkäufer mal fluchs mit der Blondine das Bett austestet…
Wie, wo, was - ja, wie lächerlich ist das? Mitarbeiter als Testimonials. Das neue Einstellungskriterium für die Baumärkte kann sich vielleicht so in Stellenanzeigen für den Praktikanten im Marketingbereich wiederfinden (Achtung - Satire):
Praktikant Marketing (w/m)
Ihre Aufgaben:
- Intensive Mitarbeit in den Bereichen Direkt-Gesang, Regional-Geträllere, Online-Reimen, Print-Liedertexte oder Gesangsforschung
- Bearbeitung konzeptioneller und analytischer Gesangsproben (z.B. Mitarbeiterwettbewerbe, Onlinecastingaufrufe, Stimmoptimierungen)
- Einbinden in das gesangliche Talentgeschäft (z.B. Werbeerfolgsgesang, Abwicklung des Stimmbruchs, Stimmanalysen, Regionale Gesangsproben)
Ihr Profil:
- Abgeschlossene Gesangsausbildung oder aktive Teilnahme an berühmten Casting-Show-Contests wie DSDS, Supertalent, u.ä.
- Spezialisierung auf die Schwerpunkte Liedermacher, Rap oder Sprechgesang
- Starke gesangliche und stimmliche Tonlagen
- Gute Kenntnisse im Notenlesen
- Sie spielen aktiv ein Instrument und können selbstständige Solistenarbeit im Chor ausführen
Obi ist Vorreiter der Popkulturwerbung, aber nicht ganz allein. Pitstop versuchte sich ja auch kläglich an diesem Gesangsgedudel…
Kennt ihr noch den nervigen kleinen Fruchtzwerg Fruchtalarm? Niemand geringeres als Mia Sophie war der kleine Star der Joghurtwerbung von Froop. Damals Seit kurzem gibt es eine Neuauflage der Werbung - doch anstatt auf das quietschfidele junge Kind zu setzen, was sicherlich zu viele Fruchtjoghurts mit Spätfolgen eines Fruchtalarms konsumiert hat, wird es nur kurz am Anfang eingeblendet und mit einer alternativen Stimme synchronisiert. Meist sieht man nur den Hinterkopf oder Kinderhände, wie sie verzweifelt am Joghurtbecher rumgrabbeln um an die leckeren Innereien zu gelangen.
Zu schade, dass Mia Sophie nicht mehr von der Partie ist. Entweder ist die junge Dame mit mittlerweile zehn Jahren ein wenig erwachsen geworden und ist sich ihres etwas genervten Joghurtkonsumpublikums bewusst, oder die Firma Müller hat aus dem nervigen Fruchtalarm gelernt und mit einer neuen Markenausrichtung darauf verzichtet. Auch gut - vielen Dank! Immerhin sind die Werbemaßnahmen im old-school TV während des Vorabendprogramms dadurch etwas erträglicher geworden. Ich hoffe, dass wir aus unserer Tochter keinen so kommerzialisierten Kinderwerbestar machen werden. Dann doch lieber die Politik oder das Unternehmertum. :)
Sprachverdummung. Das Cola bei Red Bull? Die Cola! DIE Cola! Es schmeckt sowieso absolut scheußlich das Zeug… subjektiv gesehen keinesfalls empfehlenswert, auch nicht eisgekühlt. Da schmeckt eine billige Discounter-Cola wesentlich besser, wenn man auf Markenpromo verzichten möchte. Liegt wohl an der Chemie, die dort fehlt. Ganz natural die Cola:
- keine Phosphorsäure
- keine Konservierungsstoffe
- keine künstlichen Farbstoffe
- keine künstlichen Aromen
Wheew… trotzdem heißt es “die Cola” und nicht “das Cola” - zumindest für Menschen aus Norddeutschland. Die Marketing- und Promotionaktionen für DAS Cola von Red Bull sind zumindest kein akuter Lobgesang auf Maskulinum, Femininum und Neutrum - auch wenn in Süddeutschland gerne von “ein Cola” und nicht “eine Cola” gesprochen wird.
Ich hatte zwar das schon mal gebloggt, aber weil es so schön ist noch einmal von vorne: Am 04. Juli 2008 besuchten uns die Promotion-Girls von Nestlé Schöller bei meinem Arbeitgeber in den sevenload Büros und servierten uns eisgekühlte “POPS”!
Link: sevenload.com
Klar - eine Promotion, ‘ne absolute Marketingsache zwischen Radio und Werbepartner. Aber dennoch sehr cool für uns… denn wir waren hungrig und überhitzt! Das brachte Laune. Vielen Dank an Radio bigFM! :)
Bald ist es soweit: Deutschland wird das 4:3 Format verabschieden. Nachdem ProSiebenSat.1 bereits den Wechsel in 2005 ankündigte, stellen zum 18. November 2008 die Sender der Mediengruppe RTL Deutschland ihre aktuelle Übertragung auf das Bildformat 16:9 um. Damit werden alle Sendungen, die On-Air-Promotion sowie die TV-Werbung umgestellt.
Insbesondere für Werbetreibende wird dieser Schritt eine Veränderung in der Produktion von Werbespots nach sich ziehen. Wer braucht dann noch 4:3 in Deutschland, wenn die größten Senderfamilien das alte Format nicht mehr unterstützen?
Was man am eigenen Leib seit Jahren spürt, belegt jetzt eine aktuelle Umfrage von Accenture. Insgesamt 1.109 deutsche Internetnutzer wurden zu ihrem Konsumverhalten befragt. Jeder dritte junge Zuschauer zwischen 16 und 24 Jahren behauptet, er sei mit herkömmlichem TV zufrieden. Dass hier zwar weniger das Programm als der vorgegebene Programmablauf ausschlaggebend ist, behaupten immerhin 14 Prozent - aber wie auch aus eigener Erfahrung stören 62 Prozent die festen Sendezeiten. Selbst wenn man den Umstieg zu IPTV oder Video-on-Demand Angeboten wagt, würden die Zuschauer höchstens eine Flatrate akzeptieren, die alle neuen Fernsehangebote umfasst. Wer extra Nutzungsgebühren veranschlagt und dafür das Geld der Zuschauer einkassieren möchte, wird durch das Publikum kalt abserviert.
Gleichzeitig ist die allgegenwärtig präsente Werbung genau das, was die Zuschauer am meisten am TV stört. Überlegt euch schon mal neue Erlösmodelle, wenn das Broadcasting-Angebot aufs Alteisen geschoben wird. Irgendwann ist es soweit. Denn wir haben das Leben als Couchpotato satt und pfeifen auf die Dauerberieselung vom Fernsehen. Wer interessiert sich noch dafür, dass wir Zuschauer uns an den festen Sendeplan und das starr lineare 24-Stunden-Programm halten sollen? Für mich ist Fernsehen bereits seit langem Tod. Ausschließlich DVDs oder Aufzeichnungen von ausgewählten Sendungen regt mein Konsuminteresse des klassischen Bewegtbildes an. :)